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große Grundsatz religiöser Freiheit wurde noch nicht verstanden. Wenn
auch die schrecklichen Grausamkeiten, die Rom gegen die Ketzerei
angewandt hatte, von protestantischen Herrschern nur selten ausgeübt
wurden, so anerkannte man doch nicht das Recht eines jeden einzel-
nen, Gott nach seinem eigenen Gewissen zu verehren. Von allen wurde
verlangt, die Lehren anzunehmen und die gottesdienstlichen Formen zu
beachten, welche die Staatskirche vorschrieb. Andersdenkende waren
mehr oder weniger der Verfolgung ausgesetzt. Jahrhundertelang blie-
ben diese Methoden bestehen.“
Der große Kampf, S. 252.
„Unter der Herrschaft der Staatskirche war das Volk einem religiösen
Verfall ausgeliefert, der sich vom Heidentum nur wenig unterschied.
Eine Naturreligion erwies sich als das bevorzugte Studiengebiet der
Geistlichkeit und schloss auch den größten Teil ihrer Theologie ein. Die
höheren Klassen verspotteten die Frömmigkeit und brüsteten sich da-
mit, über solche Schwärmereien, wie sie es nannten, erhaben zu sein.
Die niederen Stände waren in großer Unwissenheit befangen und dem
Laster ergeben, während die Kirche weder den Mut noch den Glauben
aufbrachte, die in Verfall geratene Sache der Wahrheit länger zu unter-
stützen.“
Der große Kampf, S. 254.
B. Welche Mittel schlug der Herr gegen diese geistige Finsternis
vor? Offenbarung 3,3-5.
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„Auf seiner Rückreise nach England gelangte Wesley unter der Be-
lehrung eines mährischen Predigers zu einem klareren Verständnis des
biblischen Glaubens. Er ließ sich überzeugen, dass sein Seelenheil
nicht von seinen eigenen Werken abhängt, sondern dass er einzig auf
„Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“, vertrauen müsse. Auf
einer in London tagenden Versammlung der mährischen Brüder wurde
eine Schrift Luthers vorgelesen, welche die Veränderung beschrieb, die
der Geist Gottes im Herzen des Gläubigen bewirkt. Während Wesley
zuhörte, entzündete sich auch in seiner Seele der Glaube. „Ich fühlte
mein Herz seltsam erwärmt“, sagte er. „Ich fühlte, dass ich mein ganzes
Vertrauen für mein Seelenheil auf Christus, ja auf Christus allein setzte,
und ich erhielt die Versicherung, dass er meine – ja meine Sünden weg-
genommen und mich von dem Gesetz der Sünde und des Todes erlöst
hatte.“ Während langer Jahre mühsamen und unbequemen Ringens,